Tübinger Mikroskopischer Stammtisch (TMS)

Volvox, Mikrochemie, Dirofilaria, Tümpelausbeute, Bryozoa, Milben, Winogradsky-Säule, Bernstein, Mikroskope mit ‚Joystick‘, Stomata, Baggersee, Elger-Legepräparate, Bosmina, Eozoon, Aufnahmen mit Pol-Folien, Utriculara sandersonii, UMOs, Zieralgen, Gipsbilder, Rhynie-Cherts, Bauchhärlinge, Mikrometeoriten, Hartnack-Mikroskope, NKM Gera, uvm.

27. Juni 2025

  • Volvox-Kolonien faszinieren durch Form, Farbe und elegante Bewegung. Igor Reicher hatte kürzlich reiche Volvox-Beute gemacht, seine Videos davon warfen Fragen zu deren Bewegung auf (Horst Fries):◊ „Verzahnen“ sich die Kugeln wie bei Zahnrädern, wenn sie eng zusammen liegen? Man erkennt: Sie werden wohl höchstens gebremst oder gar nicht beeinflusst, eindrucksvoll zu sehen z. B. auf diesem YouTube-Video → https://www.youtube.com/watch?v=V6Yg2BQy82w
    ◊ Aber: Es scheint, dass die meisten Volvox sich generell (besser gesagt: meist) rechts rum drehen. Was heißt aber „rechts rum“? Von wo aus gesehen? Ist das immer/meistens so?

    Weitere Fragen stellen sich sofort:

    ◊ Warum ist die Drehachse meist senkrecht zur Bildebene? (Das könnte dann der Fall sein, wenn der untere und obere „Pol“ der Kugel auf Objektträger bzw. Deckglas aufliegen würde. Das ist aber hier bestimmt nicht so). Lt. Literatur und Teilnehmern: Drehachse meist in Richtung Lichteinfall.
    ◊ Gibt es Phototaxis? Lt. Literatur: JA
    ◊ Wenn ja, wie schaffen es die Einzelzellen, die gleichmäßig  rund um die sich bewegende Kugel angeordnet sind, eine gemeinsame Richtung einzuhalten?

    Literatur-Recherchen:
    ♦ → http://www.biomedcentral.com/1741-7007/8/103 (PDF – 2,7 MB)
    ♦ → https://www.perplexity.ai/search/what-is-the-common-volvox-spec-va8Wc_UCTz.h1DfgloHcUw
    ♦ → https://www.cambridge.org/core/journals/journal-of-fluid-mechanics/article/stability-of-dancing-volvox/ (Online oder PDF – 3,5 MB)
    ♦ → Algentanz im Walzertakt

    Weitere YouTube-Videos dazu:
    → https://youtu.be/KrgN2gfuDwg?si=QRWVIxBeZMXLgzdV
    → https://youtu.be/vKAp7HPswZY?si=B5m9-A4lyTQzvjDq

    Verbleibende Fragen:
    ◊ In der Publikation von „Biomedcentral“ wird die Volvox rouselletii untersucht, die eine ovale Form hat. Diese hat von von Pol zu Pol unterschiedlich große/sensible Augenflecken und damit unterschiedliche Phototophie! Haben „unsere“ Volvox-Zellen (z. B. V. globator) ebenfalls diese Unsymmetrie der Zellen? Wenn nicht, wäre dort die Phototaxis eigentlich schwieriger zu erklären!

    ◊ Nach Horsts Ansicht gilt (in den meisten Fällen) die Linke-Faust-Regel (siehe Galerie) für Drehrichtung und Bewegungsrichtung, wobei die Bewegungsrichtung immer(?) zum Licht gerichtet ist. Manche Beobachtungen durchs Mikroskop sprechen dagegen, wegen der Lichtrichtung. Zu klären!

⇒ Zusammenfassung und weitere Erkenntnisse und Anmerkungen siehe TMS vom 13. Juli 2025.

  • Aufnahmen eines Rädertierchens von Igor. Vielleicht Limnias.
  • 17 Teilnehmer

22. Juni 2025

  • Mikrochemie: Ruud Herold hat für uns seine Mikrochemie-Beiträge von den Inzighofener Mikroskopie-Workshops 2023 und 2024 zusammengestellt, sie waren Highlights dieser Tage. Mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Nachstellen dieser Versuche. Siehe den ausführlichen separaten Beitrag, auch mit PDF zum Herunterladen → Mikrochemie
  • Ein ungebetener Gast – Ein Tumorverdacht, der sich nicht bestätigte. Nach einem Urlaub in Ungarn entwickelte ein Patient einen walnussgroßen Tumor im Bereich der Ohrspeicheldrüse. Der zum Vorschein kommende etwa 12 cm lange Wurm erhielt Ralf Feller in Formalin zur Bestimmung. Es handelte sich um eine adulte Filarie, wahrscheinlich Dirofilaria repens. Mit Ergänzungen von Alfons Renz zu dieser Parasiten.
  • Igor Reicher hat aus einem Teich plötzlich massenhaft Volvox herausgefischt, der in den Jahren davor nie Volvox zeigte. Das Videos davon warf sogleich eine Frage auf: Warum drehen sie sich vorzugsweise in der gleichen Richtung? Weitere Organismen waren: Trompetentierchen (Video zeigt Wimpernschlag entlang des Körpers!), Schalenamöbe, Blutregenalge, verschiedene Zieralgen, Cyanophyceen in Gallerthülle.
  • 44 Teilnehmer

15. Juni 2025

  • Weder Moos noch Tierchen scheint man mit Bryozoen in Verbindung zu bringen – aber die Bezeichnung „Moostierchen“ (engl. Moss animal) macht sie auf jeden Fall sympathisch. Und ihre Erscheinung auch, wie uns Holger Weis mit seinen Bildern beweist. Fundort in der Nähe von Göttingen in einem im Mittelalter angelegten Teich. Vermutlich die Gattung Plumatella. Innerhalb der Kolonie zeigen die Moostierchen-Zooide (Einzeltiere) oft eine starke Arbeitsteilung: Manche dienen nur der Verdauung, andere der Verankerung, wieder andere besorgen die Nahrung oder sind auf reine Geschlechtstiere reduziert.
  • Von einem Beifang gelang Holger Weis ein schönes Portrait: Die Wassermilbe Unionicola.
  • Für den Milbenbefall einer Plumeria ist die Spinnmilbe Tetranychus urticae verantwortlich.
  • Mikroskopische Streifzüge von Gerhard Schulz:
    • Winogradski-Säule, angesetzt  Jan. 2022. Siehe auch → Winogradski-Säule, ein Wohnsilo für Mikroorganismen (Vortrag Gerhard Schulz beim TMS 2022) (pdf – 3,2 MB)
    • Seltsames am Friedhofsweg: Der Überzug eines Baumstumpfes ist Hefe.
    • Ein altes Klavier im Müll inspirierte, das Material einer Taste zu untersuchen. Stirnseite aus (billigem) Knochen, Oberseite eindeutig aus Elfenbein.
    • Bernstein: Offene Fragen, insbesondere, warum sind zwar viele Tierarten enthalten und dokumentiert, aber kaum Pflanzenteile (außer Sternhaare)?
    • Harte Steine: Hohenloher Feuerstein, Kieselkupfer, Kieselhölzer. Das Schleifen ist mühsam, und gelenkschädigend. Ergebnisse… schauen wir mal.
  • Der Joystick-Verschiebe-Objekttisch nach Varley war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in England, Holland und Frankreich gebräuchlich. Beispiele von Alfons kurz demonstriert. Der Joystick hat Vorteile beim Verfolgen von bewegten Objekten. Warum gibt es keine Kombination von Kreuztisch und Joystick? Doch, gibt es. Olaf holt einen solchen aus dem Keller!
  • Stomata der Seerosenblätter auf der Blattunterseite entpuppen sich als Diatomeen! Von Chris Thomas.
  • 33 Teilnehmer

8. Juni 2025

  • Baggersee-Treff: Volvox, Asplanchna, Dinobryon, Ceratium, Cyclops, Keratella. Keine Wasserflöhe. Bereits reichlich Aphanizomenon, so dass zu erwarten ist, dass es im Sommer zu einer Wasserblüte dieser Cyanophycee kommen wird, vielleicht mit Badeverbot!
  • Siegfried hat massenhaft Weiherrüsselkrebschen Bosmina longirostris im nahegelegenen Dorfweiher gefunden. Am nächsten Tag treiben im Probenglas bereits viele an der Wasseroberfläche und bildeten durch Adhäsion Muster.
  • Legepräparaten von Albert Elger: Diese zählen zu den Schönsten der alten, handwerklich orientierten Herstellern von Legepräparaten.
  • Des einen Leid … des anderen Freud‘. Alte Präparate neigen zu Kristallbildungen, die einen Mineralogen aber erfreuen können – wie z. B. Olaf! Weitere Bilder dazu im Forum → https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=44186.msg326284#msg326284
  • 31 Teilnehmer

1. Juni 2025

  • Außerirdisches Leben auf fremdem Planeten – das scheint uns heute gar nicht mehr so unvorstellbar zu sein. Als die These der Existenz außerirdischen Lebens vor recht genau 150 Jahren vom Reutlinger Juristen und Naturforscher Dr. Otto Hahn zum ersten Mal geäußert und seiner Ansicht auch an Lebenspuren in Meteoriten ‚bewiesen‘ wurde, war dies eine unglaubliche Sensation. Hahn hatte sich vom Saulus zu Paulus gewandelt: Erst widerlegte er die von Dawson 1860 postulierten Spuren eines Eozoons („Urtier“) im Laurentinischen Kalk Kanadas, um dann umso vehementer die Existenz einer ‚Urpflanze‘ (Eophyllum) zu postulieren und diese Lebenspuren auch in Meteoriten gesehen haben zu wollen.Eine große Überraschung war es daher, als wir zusammen mit Ingmar Werneburg, dem Kustos der Tübinger Paläontologischen Sammlung und Herrn Dirk Backenhöfer, der sich speziell für Weinland, Hahn’s wissenschaftlichen Berater interessiert, die von Hahn an Quenstedt für die Tübinger Sammlung übergebenen Handstücke und Gesteinsschliffe von ‚Eozoon canadense‘ wiedergefunden haben. Die Belegstücke der Meteoriten mit ‚Lebenspuren‘ suchen wir jedoch noch immer!Der gesamte Beitrag → Eozoon – Vermeintliche Lebensspuren in Gesteinen und Meteoriten
  • 35 Teilnehmer

25. Mai 2025

  • Was Olafur Eliasson als Künstler im Großen präsentiert (siehe seine aktuelle Ausstellung in Berlin), hat Anne Gleich mit Polarisationsfolien und ‚Mohl’schen Plättchen‘ auch im Kleinen verwirklicht: Zauberhaft bunte Bilder von Wasserflöhen und durchsichtigen Büschelmückenlarven vor schwarzem Hintergrund.
  • Mikroskopisch klein sind auch die carnivoren Pflanzen, die Horst Fries beobachtet: Die (unterirdischen) Fangblasen von Utricularia sandersonii sind für uns (noch) keine Gefahr! Mit 3D-Bildern dreier Fangblasen (anaglyphisch). Was fressen sie? Im Blumentöpfchen, in dem Horst sie kultiviert, vesperten sie kleine Raupenhüpferlinge (Harpacticoiden).
  • Für die Betrachtung der 3D-Bilder, die Horst aus dem Stapel von Diatomeen-Aufnahmen von Igor Reicher gemacht hat, benötigt man eine Rot-Grün-Anaglyphenbrille. Es handelt sich um Coscinodiscus excavatus, einer Form mit nur einem Höcker (es gibt sie mit zwei und drei Höckern).
  • Ein verdorrtes rundes Grasstück möchte Michael Drozd als UMO behandelt sehen. Ein UFO-Landeplatz ist es wohl nicht. Es ist mit ziemlicher Sicherheit die Dollarfleckenkrankheit, hervorgerufen durch den Pilz Sclerotinia homoeocarpa.
  • Vier biologische UMO von Günther Dorn, alle spontan nicht zu identifizieren. Bilder hier → UMOs – Unbekannte Mikroskopische Objekte (biologische)
  • 41 Teilnehmer

18. Mai 2025

  • Siegfried Schmidt hat wieder „seine“ Zieralge Micrasterias thomasiana gefunden. Früher dort, wo jetzt ein Feuerlöschteich ist, nun dahinter.
  • Olaf Medenbach zeigte nochmals Gipsbilder: Kalziumsulfat-Kristalle sind leicht in dünnst Scheiben spaltbar („Marienglas“). Unterschiedliche Dicken bringen die Polarisationseffekte. Ohne Polarisation sieht man nichts, mit paralleler  bzw. gekreuzter Polarisation tolle Farben sowie deren Komplementärfarben. Siehe auch sein Vortrag zu diesem Thema beim TMS am 4. April 2021 → Tübinger Mikroskopischer Stammtisch (März bis April 2021)
  • Drecksarbeit“ nennen Nicole Ottawa und Oliver Meckes ihre Ausstellung über die verborgene Welt unter unseren Füßen im Naturkundemuseum Reutlingen. Imposante kolorierte REM-Aufnahmen der Lebewesen in der Erde. Die Ausstellung geht bis 13. Juli 2025. → Link zur Ausstellung
  • In Tümpeln wimmelt es von UMOs! Igor Reicher möchte drei davon von uns entschlüsselt haben: (1) „Blase“ mit Inhalt entlässt Teilchen; (2) Sonderbarer Kleinkrebs –> Raubwasserfloh Polyphemus; (3) Gänzlich unidentifizierbares botanisches Objekt. Die Lösungen, soweit wir sie noch finden bzw. gefunden haben, im UMO-Sammelbeitrag → UMOs – Unbekannte Mikroskopische Objekte (biologische)
  • Keine UMOs: Wasserfloh mit Glockentierchenbewuchs und toter Wasserfloh mit Bewohnern (Pilze und Ciliaten). Von Igor Reicher.
  • 30 Teilnehmer

4. Mai 2025

  • Baggersee-Tümpeln gestern: Sehr viele Becherbäumchen Dinobryon, an Ort und Stelle aufgenommen. In den Proben von Nicole und Alfons waren sie am nächsten Tag alle verschwunden! Nicole fand noch Wasserflöhe (vermutlich Eurycercus lamellatus) , Teichschlange (Stylaria lacustris) und Hydra.
  • Nicole mit der Frage, um was für ein Organismus aus einem Vollmaringer Biotop es sich handelt. Zwei mögliche Antworten: Wimpertierchen Platycola oder Folliculina.
  • Holger Weis hatte ebenfalls Planktonbilder beigesteuert. Aus dem Oberflächenwasser schöpfte er u. a. Asplanchna, Goldalgen, Rädertiere und ein Ciliat (vielleicht Dileptus).
  • Ein Video über den Appetit einer Amöbe auf eine Kieselalge von Thomas Neumann. Siehe das YouTube-Video ganz unten.
  • Thomas Harbich beobachtete mehrfach den Angriff von Amöben auf röhrenbildende Diatomeen. Sie hatte keinen Erfolg!
  • Igor Reicher’s Begegnung mit einem „gefiederten Drachen„. Nicht einfach zu identifizieren, aber wir haben es rausgekriegt: Fühler der Büschelmücke Chaoborus!
  • Rhynie-Cherts – Mikrowelten aus dem Devon.
  • Horst Fries hat seine Serie „Wie sich Mikro- und Makrowelten gleichen“ mit sechs weiteren Vergleichen erweitert. Alle → Wie sich Mikro- und Makro-Welten gleichen
  • 37 Teilnehmer

Ein Video über den Appetit einer Amöbe auf eine Kieselalge von Thomas Neumann (Zeitraffer 55 Min. auf 37 Sek.):

27. April 2025

  • Bauchhärlinge bei Eiablage, aufgenommen von Siegfried Schmidt. Als Dreingabe ebenfalls schön getroffen den Ciliat Amphileptus pleurosigma, die Grünalgen Draparnaldia glomerata und (vermutlich) Chaetophora.
  • Auch Igor war Tümpeln und brachte Interessantes mit: Bärtierchen, vermutlich ein Moostierchen (oder doch nicht?), ein Moostierchen-Statoplast und ein unidentifiertes Objekt (UMO, wer weiß, was es ist?).
  • Mikrometeoriten, u. a. gefunden auf dem Dach der Tübinger Mineralogie von Thomas Neumann. Mikrometeoriten sind etwas schwierig zu identifizieren, aber es gibt sie praktisch überall. Auch die Reinigung derselben ist ziemlich mühsam. Separater Beitrag hier → Mikrometeoriten
  • Nicole besuchte die sehenswerte (unterirdische) Mineraliensammlung des Naturkundemuseums Gera.
  • Erstes Mikroskop der Tübinger Pathologie von Hartnack aus dem Nachlass von Hugo v. Mohl.
  • 32 Teilnehmer.

20. April 2025 – Oster-Stammtisch

  • Paramecium-Grüße von Anne
  • Ostereier in Calzedon von Alfons
  • Interessante Algen von Igor (Sphaerocystis cf. schroeteri, Chaetophora?, Faden-Grünalge).

13. April 2025

  • Bilder exquisiter Qualität von Anne Gleich:
  • Horst Fries berichtete über Kurt Försters Zieralgen vom Berger Moos (= Pfontener Moos).
  • Lieferte die heute in Nellingen stattfindende Fossilienbörse interessante Objekte für die Mikroskopie?
  • Neues zum ‚Tübinger-Reutlinger Biotop der Naturforscher um Quenstedt, Hahn, Weinland und Hildenbrandt.
  • Aus Frankfurt kamen gegen Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts Mikroskope ‚à double colonnes‘ von einem Händler und Hersteller namens Blänsdorf, zu dem Martin Bemmann Interessantes herausgefunden hat.
    Interessant insbesondere auch deswegen, weil Blänsdorf offenbar auch Objektive aus Wetzlarer (Heim-)Produktion an solchen, teils schon mit Elektrik ausgerüsteten Mikroskope verwendet hat. Diese konischen Objektive haben große Ähnlichkeit mit den Optiken von Kellner, Belthle und anderen Herstellern dieser Region.