Adamas – der Unbezwingbare … Diamanten, Teil 1 und 2

„Vom Riesen-Diamanten zu den Ries-Diamanten“ – ein schönes Wortspiel von Olaf Medenbach. Ein unterhaltsamer und äußerst interessanter Vortrag in zwei Teilen.

Teil 1: Makroskopisches (TMS am 16. Okt. 2022)

Teil 2: Mikroskopisches und mineralogische Aspekte. (TMS am 23. Okt. 2022)

Teil 1:

Graphit und Diamant unterscheidet sich lediglich in der Struktur ihres Kristallgitters. Unter sehr hohem Druck wird Graphits so stark gepresst, dass sich die Atome in der Struktur umordnen und Diamant entsteht. Das gelingt auch auf künstliche Weise. Erhitzt man allerdings einen Diamanten wieder auf über 800° in Luft, verbrennt er und trägt damit zur CO2-Belastung der Atmosphäre bei.

Natürliche Diamanten sind in Erdtiefen von mehr als 150 km gebildet worden. Zur Erdoberfläche kamen sie durch magmatische Tätigkeit in Form sehr langer und dünner Vulkanschlote, das Gestein, das diese Schlote füllt heißt Kimberlit und bildet die primären Lagerstätten für Diamanten. Warum findet man aber so viele Diamanten entlang der Küste Namibias zwischen der Mündung des Oranje-Flusses bis etwa 500 km weit nördlich davon? Diamanten sind extrem verwitterungsbeständig und bleiben daher bei der Zersetzung der Kimberlite übrig. Der Oranje, der die Kimberlit-Region Südafrikas entwässert, bringt sie in seinen Sedimenten mit und lagert sie vor der Mündung im Meer ab. Von dort aus werden sie von dem nach Norden gerichtete Benguela-Strom entlang der Küste verteilte. Dies sind sekundäre Lagerstätten für den begehrten Edelstein.

Olaf hatte das große Glück diese ansonsten hermetisch abgeriegelten Lagerstätten zwei Mal besuchen zu dürfen, einmal 1974 als Begleiter von Professor Paul Ramdohr (dem „Erzvater“), auf einer Reise zu einem Meteoritenkrater in der Küstenwüste Namib und zum zweiten Mal 20 Jahre später mit einer Studentenexkursion. Sein Bericht zeigte die Unterschiede in der Gewinnung zwischen seinen beiden Besuchen bis hin zum aktuellen submarinen Abbau.

Teil 2:

Bis etwa 1984 war man der Lehrmeinung, dass die gebirgsbildenden Prozesse in der Erdkruste nur bis maximal 60 km Tiefe reichen würden, die Bildung von Diamanten aus ehemaligen Sedimentgesteinen also unmöglich sei. Dies änderte sich drastisch als man in Oberitalien im voralpinen Bereich Gesteinsformationen mit knödelartigen Kristallen aus fast reinem Pyrop (Mg3Al2[SiO4]3), einem Granat-Endglied fand. Reiner Pyrop kann nur in größerer Erdtiefe gebildet werden. Weiterhin fand man als Einschlüsse im Pyrop das Mineral Coesit, eine Hochdruckmodifikation des Quarzes (SiO2), das nur unter noch höherem Druck entstanden sein konnte. Eingehende petrologische Untersuchungen ergaben, dass dieses Gestein ein ehemaliges an der Erdoberfläche gebildetes Sediment war, das im Zuge der alpinen Gebirgsbildung mindestens 130 km tief verfrachtet wurde, also nahe dem Bildungsbereich von Diamant, und dann wieder an die Oberfläche kam. Somit musste die klassische Vorstellung von der Bildung der Gebirge revidiert werden. Bei der genauen Suche fand man schließlich tatsächlich winzige metamorph gebildete Diamanten in ursprünglichen Sedimentgesteinen, zunächst 1990 im Kokchetav-Massiv in Kasachstan, später dann auch an der Saidenbach-Talsperre in Sachsen und an weiteren Fundorten weltweit.

Die sehr kleinen metamorph gebildeten Diamanten sind sehr schwer direkt im Gestein oder im Dünnschliff zu erkennen, aber glücklicherweise kommt hier eine Besonderheit zur Hilfe, die auf die extreme Härte des Diamants zurückgeht: bei der Politur der Oberflächen von Dünnschliffen bilden sich um die winzigen Diamanten strahlenförmige Artefakte, die an Pferdeschwänze erinnern. So kann man sie im Auflicht sehr leicht aufspüren.

Durch dieses Verfahren wurde 2001 auch im Nördlinger Ries, einem Meteoritenkrater am Rande der Schwäbischen Alb, Mikrodiamanten entdeckt. Durch die gigantische Energieentfaltung beim Aufprall des ca. 1 km2 großen Asteroiden entstand eine Druckwelle, durch die aus dem Graphit der Grundgebirgsgneise direkt Diamant entstand.

Wir sind nun beim Tübinger Mikroskopischen Stammtisch zu Diamanten-Experten geworden, Dank der beiden sehr unterhaltsamen und äußerst interessanten Vorträge von Olaf.